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Leonid Melamud

Essener Gemeinden: Zwei Formen und zwei Inhalte

Jüdische Kultusgemeinde Essen

Was ist eine Gemeinde? Eine Gemeinde ist eine auf freiwilliger Basis gegründete Gemeinschaft, die aus Mitgliedern besteht, die über ihre gemeinsame Religionszugehörigkeit verbunden sind. Das bedeutet, dass die Ziele diese Gemeinschaft in erster Linie im religiösen Bereich liegen sollten. Die Struktur ihrer Verwaltung ist im Prinzip ganz einfach: der Geschäftsführer ist verpflichtet, die Gemeinde mit den nötigen (finanziellen) Mitteln zu versorgen, der geistliche Führer aber ist dazu aufgerufen, Religiosität und Glauben in die Gemeinde zu tragen.

Es geht bei diesem Artikel nicht um religiöse Propaganda. Ich bin überzeugt, dass keine andere Religion als der Judaismus den Juden als Vorbild dienen sollte. Und bei der Auswahl der Gemeinden, die ich für den Vergleich herangezogen habe, habe ich mich nicht anhand ihrer religiösen Ausrichtung orientiert, sondern danach, dass sie beide fast vollständig aus Zuwanderern aus den GUS – Staaten stammen.

Es gibt in Essen zwei Gemeinden, die als religiös ausgerichtet gelten. In der ersten, einer jüdischen, gibt es 905 Mitglieder. Sie besitzt den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, darum liegt die Kontrolle ihrer satzungsgemäßen Aufgaben außerhalb der Möglichkeiten der Landesverbände und des Zentralrates der Juden in Deutschland. Schon seit 50 Jahren besitzt diese Gemeinde eigene Räumlichkeiten in einer Größenordnung von 800 qm und ihr Budget liegt bei ungefähr 700.000 €/Jahr. Sie wird fast vollständig vom Staat, dem Land Nordrhein – Westfalen und der Stadt Essen finanziert. Seit vielen Jahren wird die Gemeinde von Jewgenij Budnizki geleitet, der früher als Fräser, Ingenieur und Betriebsgewerkschaftsleiter in einem großen Waffenunternehmen tätig gewesen ist. Es gibt auch einen Gemeinderat und einen Vorstand in der Gemeinde. Aber bereits seit 20 Jahren gibt es keinen Rabbiner. Herr Budnizki ist der Ansicht, dass er als „Vater“ der Gemeinde ausreicht.

Und es gibt in Essen auch noch eine russisch – orthodoxe Gemeinde: mit dem symbolträchtigen Namen „Die Heiligen Uneigennützigen Kosma und Damian“, die in der Krypta der St. Augustinus Kirche hausen und bei rund 300 Gemeindemitgliedern ein Budget von ca. 10 000 € im Jahr zur Verfügung haben. Diese Gemeinde gehört zur Berliner Diözese der Russisch – Orthodoxen Kirche (Moskauer Patriarchat) und wird von Berlin aus kontrolliert. Obwohl diese Gemeinde erst seit kurzem besteht, musste sie bereits vier Mal von einem Kirchenkeller zum nächsten ziehen.

Der Priester Viktor Aleksejew, ein Absolvent des Priesterseminars in Odessa, ist das geistliche und weltliche Oberhaupt dieser Gemeinde. Er dient Gott, so seine Worte, und dem Nächsten. Funktionen, die über eine Wahl zu bekleiden wären, gibt es in dieser Gemeinde nicht.

Das Lebenswerk Vater Viktors

Vater Viktor erzählt: “Die Gemeinde wurde 2004 von den Priestern Leonid Zypin und russische-ortodoxe-kirche-essenVadim Sadovoi, sowie vier Gemeindemitgliedern gegründet. Im Jahr 2005 wurde ich von meinem Vorgesetzten Feofan zum Priester der Gemeinde ernannt. Ich kam in eine Gemeinde, in der es weniger als 30 Mitglieder gab.

Ich hatte schon einige Jahre in den christlichen Kirchen Stavropols gearbeitet, bis ich 1998 nach Deutschland kam, wo ich in einem Altenheim aber auch in zwei Gemeinden den Menschen mit Zuhören, Rat und Gebet half. Tagsüber diene ich ehrenamtlich der Gemeinde und nachts arbeite ich bei der Deutschen Post.

Die Religiosität einer Gemeinde beginnt beim Gebet und kann nur auf dieser Grundlage existieren. Daran ernsthaft interessierte Gemeindemitglieder haben längst verstanden, dass alltägliche Probleme nicht gegen das Gebet aufzuwiegen sind. Nur der Glaube verleiht der menschlichen Existenz Sinn und Vollständigkeit. Und Menschen müssen über die Samenkörner des Glaubens zur Kirche gebracht werden.

Wir locken keine Gemeindemitglieder mithilfe falscher Versprechungen. In unseren Informationsbroschüren sind nur die Adresse und die Zeiten der Gottesdienste vermerkt. Und es kommen diejenigen, die nach geistlichen Inhalten streben und gemeinsam mit der Glaubensgemeinschaft beten möchten.

Zum Gottesdienst kommen normalerweise zwischen 50 und 60 Gemeindemitglieder, bei den Festen der Schutzheiligen sind es rund 100 bis 120 Personen und dann ist in unserem kleinen Saal kein Platz mehr. Während meiner Zeit als Priester haben sich hier 15 Paare kirchlich trauen lassen und es sind ungefähr 150 Kinder und Erwachsene getauft worden. Häufig haben diese Leute einen russisch - orthodoxen Glaubenshintergrund, sind aber aus irgendwelchen Gründen nicht getauft worden. Aber es möchten sich auch Menschen taufen lassen, die zum Teil schon von Kindesbeinen an einer anderen Konfession zugehörig waren. In der orthodoxen Religion gibt es keinen Brauch wie den der Konfirmation - bei den Juden nennt sich ein ähnlicher Ritus Bar – Mitzwa (Jungen) und Bat – Mitzwa (Mädchen). In einem Alter mit dem entsprechenden Bewusstsein entscheidet der Mensch selbst, an was er glauben möchte. Wir jagen niemanden aus der Gemeinde. Es gibt nur eine Strafe, die am Gläubigen vollzogen werden kann, das Verbot der Teilnahme an der Hl. Kommunion. In meiner Zeit als Priester musste ich dieses einmal aussprechen.

Die Russisch – Orthodoxe Kirche nimmt nicht am deutschen Steuersystem teil, die Gemeindemitglieder müssen auch keine Pflichtbeiträge beibringen. Das Moskauer Patriarchat hat uns mit der nötigen kirchlichen Grundausstattung und den Messgewändern versorgt, aber alle anderen notwendigen Mittel spenden die Mitglieder oder andere Sponsoren. Etwas Geld bringt der Handel mit orthodoxen Büchern, Ikonen und Kerzen ein.

Für unsere Bedürfnisse geben wir im Monat ungefähr 800,- € aus, davon sind 340,- € für die Miete des Gebetsraumes und des Büros – der Rest wird für das Lampenöl, das Hostienmehl und den Kerzenwachs ausgegeben.

Die Gemeinde hat keinerlei feste Angestellten. Unsere Gemeindemitglieder haben verstanden, dass der Gemeinde unbedingt etwas zurückgegeben werden muss, daher werden alle notwendigen Arbeiten für die Kirche auf freiwilliger und kostenloser Basis durchgeführt. Zum Beispiel wurde unsere Ikonostas in Teilen von den Gemeindemitgliedern selbst erstellt. Es gibt auch genügend Leute, die Geschirr spülen, die Räumlichkeiten aufräumen und andere Haushaltsarbeiten erledigen. Die Gemeindemitglieder helfen sich auch untereinander, zu Beispiel bei der Suche nach einer Wohnung oder begleiten sich im Notfall zum Arzt oder bei Behördengängen.

In der Gemeinde gibt es einen kleinen Chor, der schon seit vier Jahren von einem Gemeindemitglied, einer Frau aus Wuppertal, kostenlos geleitet wird. Sie kommt nicht nur zu den Gottesdiensten am Wochenende und bei den großen Feiertagen, sondern auch werktags zu den Chorproben und das auf eigene Kosten.

Es gibt auch eine Kindergruppe in der Gemeinde, die ehrenamtlich geführt wird. Hier wird den Kindern Russisch, das Wort Gottes und geistliche Lieder beigebracht. Sie nehmen alle am Gottesdienst teil. Diejenigen Kinder, die noch nicht getauft worden sind, bereiten sich darauf vor.

Wir führen keine speziellen Versammlungen durch und die alltäglichen Probleme besprechen wir nach den Gebeten bei einer Tasse Tee im Refektorium.“

Ich war in der Gemeinde. Während des Gottesdienstes stand ich draußen, danach wurde ich ins Refektorium geladen. Einige gingen, aber an den Tischen saßen immer noch 53 Personen. Die Kleinsten spielten, bauten etwas aus Holzbausteinen in der Kinderecke. Es gab ein Buffet. Von der Menge der Speisen war ich überrascht. Einen Teil der Lebensmittel für das Essen wurde von der gemeinnützigen Organisation SkF Essener Tafel e. V. gespendet, den anderen, vor allem Früchte, bringen die Gemeindemitglieder selber mit.

In der Gemeinde gibt es nicht nur christliche Ehefrauen- und Männer von jüdischen Gemeindemitgliedern, sondern auch getaufte halachische Juden.

Vater Viktor verwaltet persönlich das Gemeindekonto und entscheidet mithilfe einiger Mitglieder äußerst wichtige Probleme: die Suche nach neuen Räumlichkeiten, den Umzug, die Bildung einer religiös ausgerichteten Bibliothek, den Einkauf der Bücher und Ikonen für den Gemeindeladen usw.

Die Existenz der Gemeinde wird in den städtischen Behördenkreisen kaum wahrgenommen. Zu Veranstaltungen der Stadt wird Vater Viktor nicht eingeladen, aber das belastet ihn nicht weiter, denn er hat genügend Erfahrung, Wissen und Ideen, um als ein selbständiges und effektives Oberhaupt für geistliche und administrative Angelegenheiten der Gemeinde, ihre Entwicklung zu fördern.

Die Angelegenheiten von „Papa“ Eugen

Die jüdische Kultusgemeinde wurde sofort nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet und errichtete im Jahr 1959 ein neues Gebäude.

Der russischsprachige Teil formierte sich im Wesentlichen mithilfe der städtischen neu_synagoge_juedische_gemeinde_essenAusländerbehörde, die alle jüdischen Immigranten an die Gemeinde zwecks Überprüfung ihrer jüdischen Herkunft weiterleitete. Das Ergebnis hatte keinen Einfluss auf die Entscheidung der Behörde über die Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis, aber es war eine obligatorische Prozedur. Danach gehörten nun auch halachische Juden zur Gemeinde, wobei der Grad ihrer Religiosität keine Rolle spielte.

In der Jüdischen Zeitung (N° 9, 2007) äußert sich Jewgenij Budnizki so:

„ Heute...nimmt Deutschland Juden auf (die meisten von ihnen areligiös) und schafft die Bedingungen für ihre Aufnahme in der Glaubensgemeinschaft. Aber es ist eine Sache, Bedingungen für Bekenntnisse zu schaffen, ein andere – anzuregen, sich zum Glauben zu bekennen....

...in allen jüdischen Gemeinden Deutschlands ist die Situation gleich: in der ersten Zeit kommen die Immigranten aufgrund ihrer Hilflosigkeit häufig zur Gemeinde, aber je mehr sie sich eingelebt haben, desto mehr wird sie von den meisten wie eine soziale Instanz benutzt, aber nicht wie eine religiöse Organisation. Wie kann man diese vorherrschende Tendenz umkehren?...ich habe meine eigene Taktik. Ich bin (seit 1993) in zwei Richtungen aktiv:

- die Gemeinde zu einem Haus aller Juden zu machen (auch für Familienmitglieder), eine möglichst große Anzahl ortsansässiger Juden (und ihre Familienangehörigen) zu ermuntern, zur Gemeinde zu kommen, nicht nur formell ein Gemeindemitglied zu sein, sondern aktiv am Gemeindeleben teilzuhaben;

- eine größtmögliche Anzahl von Kindern und Jugendlichen zur Teilnahme am Gemeindeleben zu animieren, denn nur darin sieht die Gemeinde ihre Zukunft...

Ich möchte Sie nicht mit Details aus meiner... Arbeit belasten (nur unsere Gemeinde hat im Gegensatz zu acht Gemeinden des Landesverbandes keinen Geschäftsführer)...“

Das Letztgenannte ist – eine Lüge. Die Bonner Gemeinde (951 Mitglieder), hat auch keinen Geschäftsführer. Aber es kommt letztendlich nicht darauf an, ob eine Gemeinde über einen Geschäftsführer verfügt. Es ist nur von Bedeutung, dass sie keinen Rabbiner hat. Und - dass Unverständnis darüber herrscht, dass die Abwesenheit einer qualifizierten geistlichen Führung es unmöglich macht, die „russischen“ Juden zum Glauben zu führen.

Ressourcen ausfindig zu machen, um die nötigen Angestellten zu bezahlen, ist Sache des Vorstandes. Folgende Gründe sind für die Abwesenheit von Geldern für die Stellen von Rabbinern und Geschäftsführern möglich:

- die Unfähigkeit des Vorstandes, Verständnis bei denjenigen zu wecken, von denen die Finanzierung dieser Bedürfnisse abhängt
- die Unfähigkeit, mit den vorhandenen Geldern umzugehen
- die Ablehnung qualifizierter Personen aufgrund möglicher Konkurrenz in der Gemeindeverwaltung

Es ist sehr wahrscheinlich, dass bei qualifizierten Geschäftsführern auch Gelder für den Rabbiner übrig blieben. Aber diese Arbeit wird stur von einem Dilettant durchgeführt, der die Essener Gemeinde ohne geistige Führung lässt. Und dieser Dilettant erinnert sich noch nicht einmal daran, dass er die Abwesenheit eines solchen Menschen bedauert.

Die Gemeinde – ist das Haus der Juden und des jüdischen Glaubens mit sozialen und kulturellen Verpflichtungen vor den Hausherren, aber nicht ein Haus für „Familienmitglieder“. „Ziel der Gemeinde ist die religiöse, soziale und kulturelle Betreuung ihrer Mitglieder", so lautet die Gemeindeordnung. Familienmitglieder werden darin nicht genannt. Die Festsetzung in der Ordnung, dass die Gemeinde – „ein Haus für alle Juden (und ihre Familienmitglieder)“ sei, stellt die religiöse Ausrichtung in Frage und wird daher nicht geändert. Nur um die Stimmen der Mitglieder, die aus gemischten Ehen bestehen, nicht zu gefährden, nimmt die Führung eine bewusste und schlecht kaschierte Verwässerung ihres religiösen Wesens in Kauf.

Im Kinderklub Gar’in haben noch nicht mal 30% der Kinder eine jüdische Mutter. Die Dienste des Klubs nutzend, verlieren die Jugendlichen das Interesse an der Gemeinde und nicht eines der nichtjüdischen Kinder, das im Gar’in war, ist zum Judentum übergetreten. Ungefähr genau so gestaltet sich die Situation in den Jugendgruppen. Als Resultat – die Summe der Beschneidungen, Bar- und Bat – Mitzwas ist in diesen ganzen „russischen“ Jahren nicht über zehn hinaus gekommen und die einzige Hochzeit gab es im letzten Jahr.

Der Staat kann auch keine Bedingungen für „den Eintritt in den Glauben“ schaffen, denn der Glaube - ist die Folge eines inneren Bedürfnisses und hängt kaum von materiellen Werten ab. Zum „Eintritt in den Glauben“ erwecken, kann entweder nur eine entsprechende Erziehung von Kindesbeinen an oder schwere Krankheiten des Menschen oder seiner Angehörigen oder die Angst vor dem Tod. Auf die Entscheidung der Menschen kann auch die Demonstration von Wundern durch den Verkünder irgendeiner Religion Einfluss nehmen. Andere Varianten gibt es leider nicht. Gleichzeitig kann die Abkehr vom Glauben auch durch eine offensichtliche Missachtung von religiösen Grundsätzen durch den Gemeindevorstand ausgelöst werden.

Als Budnizki schon Leiter der religiösen Gemeinde war, heiratete er eine Nichtjüdin, ließ sich von seiner vorherigen, auch nicht – jüdischen Ehefrau, scheiden. Das heisst, dass der jüdische Vorsitzende sich selbst mit der Beachtung religiöser Gesetze nicht unnötig beschwert, obwohl er doch zum Glaubensbekenntnis „erwecken“ will.

Im benachbarten Bochum sind in den letzten Jahren einige Menschen zum Judentum durch den Prozess des Gijur übergetreten, einschließlich der Gattin und der Tochter eines Vorstandsmitgliedes. Budnizki hat weder seine Ehefrauen, noch seine Söhne zum Glauben geführt. Und obwohl während der Amtszeit unseres „Heldens“, die Gemeinde um einiges gewachsen ist, hat seine „Taktik“ nicht die Frage des Defizits an Menschen für die Durchführung des Minjans beim Heraustragen der Thora an Samstagen geklärt...

Die Planstellen der sozialen Abteilung der Gemeinde finanzieren die Stadt und das Arbeitsamt. Die Gemeinde bezahlt die Dienstleistungen der so genannten «Timurowzew», über die die Gemeindezeitung nicht berichtet. Zur "Mannschaft" gehören die Gemeindemitglieder, die zur Belohnung die Kollegen zum Arzt, zu Institutionen begleiten oder sie im Krankenhaus besuchen.

Wichtige Fragen werden auf den öffentlichen Ratssitzungen besprochen, die Geld- und sozialen Fragen werden jedoch in den geschlossenen Teil der Veranstaltung übertragen. Die Ratsmitglieder sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Frau Michal Gajsman, eine deutschsprachige Jüdin, die aus der Gemeinde ausgetreten ist, bezeichnet den Führungsstil der Gemeinde als „diktatorisch“. (http://die-erle.de/ 53862896c30d8fc09/53862897e609e9605/033292997200f1101.html).

Die Menschen, die nicht durch Religion und Glauben an die Gemeinde gebunden sind, die nicht gewohnt sind, der Gemeinde etwas kostenlos zur Verfügung zu stellen, verlassen diese, ungeachtet der sozialen und kulturellen Dienstleistungen, „Taktiken“ und „Erweckungen“, sobald der Wert dessen, was man erhält, denjenigen des Dargebrachten unterbietet. Die einen gehen, da sie nach der Arbeitsaufnahme keine Steuern zahlen möchten. Die anderen, die den Kultusbeitrag einstellen, bringen die Mitgliedschaft faktisch zum Erliegen.

Aber die Regierung fährt fort, „die Bedingungen für den Eintritt in die Glaubensgemeinschaft“ zu schaffen. Die Bezirksregierung und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, haben 100 000,- € zur Restaurierung der Mikwah gewährt. Natürlich, wenn die Mikwah einem Gemeindemitglied nützt, soll sie funktionieren. Aber die Mikwah an sich kann nicht die Weltanschauung der Nichtreligiösen ändern.

Am 09.01.09 haben der Integrationsbeauftragte der Landesregierung Nordrhein-Westfalens, Herr Thomas Kufen und Herr Budnizki, die Frage zur Bewilligung von 950.000 € für die Renovierung des Gemeindehauses besprochen. Dass ausgerechnet im Jahr der Krise das Gebäude 50 Jahre alt geworden ist, ist ein trauriger Koinzident. Und das Gebäude benötigt aller Wahrscheinlichkeit nach wirklich eine Renovierung. Aber lassen wir den Leser selber entscheiden, ob es sich um eine sittlich angemessene Forderung der Gemeinde handelt und ob es eine passende Entscheidung der Landesregierung sein wird, diese Gelder in der heutigen Situation zu bewilligen.

Je offensichtlicher der Verfall der „Taktik“ wird, desto unaufhaltsamer wird der Drang ihres Autors. Die Gemeindezeitung berichtet schon vom Beginn der Arbeiten des „Redaktionskollegiums für die Ausgabe einer Broschüre zum 50jährigen Bestehen der jüdischen Gemeinde an der Sedanstr. 46“. Die Gemeindeführung ist offenbar davon überzeugt, dass das 50jährige Bestehen des Gebäudes einen Meilenstein in der jüdischen Geschichte darstellt. Und wenn es keine anderen Errungenschaften gibt, ist der Triumph und Jubel in diesem Zusammenhang angemessen. Darum wird versucht, diesem Ereignis globale Bedeutung beizumessen, in dem ein großer Saal angemietet wird und spezielle Einladungen zum Jubiläum verschickt werden.
Für die städtischen und Landesbeamten wird eine zusätzliche Feierlichkeit organisiert, zu der die ordentlichen Gemeindemitglieder, vermutlich um eine Kontaktaufnahme zu vermeiden, nicht zugelassen sind. Für sie wird ein anderer „Festakt“ organisiert, mit kostenpflichtigem Eintritt, obwohl die Stadt für die Feierlichkeiten 30 000 € bereitgestellt hat.

Meiner Meinung nach, gibt es in der Essener Gemeinde keinen echten Judaismus und es kann dort keinen geben, denn das System, in dessen Rahmen die Gemeinde unverdeckt und schmarotzerhaft agiert - die Organisation des deutschen Judentums - ist lasterhaft; und wo die Interessen der „russischen“ Juden – die ganz weit weg vom Judentum sind – einen entscheidenden Faktor darstellen. Und so eine Gemeinde kann a priori nur solche Führungsfiguren wie „Budnizkis“ hervorbringen. Es befördern diese Budnizkis und die Zeit ihres Herrschens auch die örtlichen Beamten, die beschämt durch die Vergangenheit, alles Maß im Umgang mit den Juden verloren haben und durch ungeheure Geldsummen nur die Zeit des Sterbens verlängern.

Ich biete dem Leser an, die Frage zu beantworten, warum die Menschen, die aus der ehemaligen UdSSR eintreffen, die das Produkt einer Ideologie sind, aber in zwei verschiedenen Gemeinden anzutreffen sind, nach völlig gegensätzlichen moralischen Kriterien leben und auf ganz verschiedene Art und Weise zu ihrem nationalen geistigen Erbe stehen. Und zu verstehen, warum eine der Gemeinden trotz der „finanziellen Liäson“ mit Deutschland verlöscht, aber eine andere sich schnell entwickelt, obwohl geeignete Räume und finanzielle Mittel fehlen.

«Evreyskaya Gazeta» 10/2009